Die Klamurke ins vondortensche Multiversum

Wilhelm von Dorten:
Gesammelte Werke Band II

Blödsinnig dargebrachte Weisheit

sowie

weisheitsvoll dargebrachter Blödsinn

(Nachfolgende Weisheiten findet man hierselbst auch in Form von Textgraphiken,
die man sich über den Schreibtisch oder dem Nachbarn an die Tür hängen kann
oder auch, den Zeitgenossen zum Ärgernis, bei Facebook oder wo sonst auch immer posten darf)

Unterdrückende Minderheiten

Manche Minderheiten
drängen sich so penetrant als unterdrückte Minderheiten in den Vordergrund,
daß sie zu unterdrückenden Minderheiten werden
und Gegenwehr herausfordern.

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Zwischenfliege

Welterretterstumpfsinn

Durchdogmatisierte Welterretter egal welcher Richtung
sind mitunter phantasieloser und stumpfsinniger
als brave Bürgersleut', die einfach bloß ihren Spaß haben wollen.

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Obigen Text findet man in dem Sammelband
"Einblicke in Abwege"
(Seminar-Verlag Basel)

Einblicke in Abwege

Zwischenfliege

Risikoreiches Altgewohntes

Wenn man,
weil man nichts riskieren will mit ungewohntem Neuem,
den Horizont auf vertrautes Altgewohntes einschränkt,
so fällt man dabei früher oder später garantiert auf die Schnauze.

Denn das Altgewohnte ist mit Fallstricken übersät,
die man in seiner schlafseligen Ergebenheit,
so überhaupt,
erst dann bemerkt,
wenn man hingefallen ist.

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Zwischenfliege

Nietzsche

Anfangs war Nietzsche vernünftig;
das heißt: verrückt im Sinne des braven Bürgertums.

Später verlor er
– möglicherweise aus Verzweiflung –
die Kontrolle und die Übersicht;
das heißt er wurde verrückt
sowohl im bürgerlichen als auch im pathologischen Sinne.

(der bürgerliche Verrücktheitsbegriff ist weiter gefaßt als der pathologische
und umfaßt restlos alles, was in den bürgerlichen Kopf nicht reinpaßt)

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Zwischenfliege

Von einem potentiellen Oskar

Wenn meine Eltern mich Oskar genannt hätten,
so hätten sie nun auch einen Oskar.

Da aber meine Eltern,
auch wenn sie mich nicht Oskar nannten,
mich hätten Oskar nennen können,
bin ich ein potentieller Oskar,
und meine Eltern haben somit einen potentiellen Oskar.

Und da meine Eltern einen potentiellen Oskar haben,
haben sie folglich potentiell einen Oskar.

Was doch sicher nicht ohne Bedeutung ist.

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Zitiergrundlage

Mein Dasein ist ein Tribut an den Geist unserer Zeit:

Danämlich Aussagen einfacher Sterblicher
nicht als relevant betrachtet werden
und Bedeutungsvolles nur von solchen Persönlichkeiten kommen kann,
die man zitiert
– kam ich herab auf die Erde, damit man mich zitieren kann.

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Erholung durch intelligenten Schwachsinn

Um den Schwachsinn des Lebens besser verkraften zu können,
brauche ich manchmal etwas Ernst.

Und um mich von dem einen wie von dem andern zu erholen,
ergeb ich mich von Zeit zu Zeit intelligentem Schwachsinn.

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Obigen Text findet man in dem Sammelband
"Einblicke in Abwege"
(Seminar-Verlag Basel)

Einblicke in Abwege

Zwischenfliege

Schweigende Mehrheit

Würde die schweigende Mehrheit nicht schweigen,
so wäre die Welt
erfüllt von Geschrei und Gezeter.

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Ratlosigkeit

Das mit der Selbstbestimmung iss quatsch,
wieauch die ins Kraut schießende Bürokratie Quatsch iss.

Wer weiß in diesem inneren und äußeren Wirrwarr denn noch, was er will?
Die wenigsten haben davon eine Ahnung;
und auch die Bürokraten haben keine Ahnung.

Vermurxte Erziehung,
zum Wahnsinn treibende Massenmedien,
jede Bewegung lähmende Bürokratie
trieben und treiben die Menschen in Ratlosigkeit und Unselbständigkeit.

Verstärkt wird das Chaos durch abstrakte Selbstbestimmungspostulate.
Wer soll sich denn selbst bestimmen?
Da man doch den Menschen selbst aus den Augen verloren hat
und ihn nur noch abstrakt zerredet?

Was bleibt ist Absurdität, Ratlosigkeit
und – teils bürokratisches, teils anarchistisches – Chaos.

Und es wird immer absurder.
Dieser Weg iss vorprogrammiert.

Immerhin etwas, das klar ist.

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Sozialkünstlerisches

"Sozialkünstlerisch" ist ein schönes Wort.

Und würde das Volks,
in dessen Jargon dieses Wort seinen Platz gefunden hat,
unter "sozialer Kunst"
nicht bloß das Organisieren von Vorträgen und Tagungen verstehen,
so wäre es sogar noch schöner.

Sportliches

Eine Strecke, die du in drei Sekunden zurücklegen kannst,
schaffst du auch in vier Sekunden.

Schicksalskurven

Der Umzug aus einer Luxusvilla in ein Reihenhaus
bedeutet für den Betroffenen mitunter eine stärkere nervliche Belastung,
als für sonst jemanden
ein Umzug aus einem Reihenhaus in eine Einzimmerwohnung
oder aus einer Einzimmerwohnung auf die Straße.

Drum freuen wir uns,
daß Leute, die in Luxusvillen leben,
meist genügend Möglichkeiten haben,
die sie auch in gefährlichen Situationen vor solcher Belastung bewahren.

Erfolgreiches Unverständliches

Eine Behauptung darf,
soll sie beim großen Publikum Erfolg haben,
ruhig unverständlich sein.
Hauptsache, sie wird publikumswirksam präsentiert
und ist nicht zu sehr durch Inhalt belastet.

Verbirgt sich hinter den Worten irgendwelcher komplizierter
dem Denken erschließbarer Inhalt,
so fühlt das Volk instinktiv, daß was nicht stimmt,
und wendet sich ab.

Schwalbennester mit Raupen

Wie der Wilde,
der, seinen Hunger zu stillen,
ohne zu fragen Raupen und Schwalbennester verspeist,
nicht verstehen könnte,
daß man aus jenen herumkriechenden Raupen
und herumhängenden Schwalbennestern
komplizierte Gerichte zubereitet

– so bleibt auch dem
in unhinterfragter Selbstverständlichkeit
seinen Unsinn darlebenden Durchschnittsbürger
der aus seinem Unsinn herausentwickelte Höhere Blödsinn
ein Buch mit sieben Siegeln.

Verschwörungstheorien

Verschwörungstheorien haben den Vorteil,
daß man jegliche Gedankenäußerung,
die einem nicht in den Kram paßt,
als Verschwörungstheorie abtun kann.

Vom Vervielfachen

Wenn das Doppelte einer Menge das gleiche ergibt wie das Dreifache,
so hat man entweder versehentlich unterschiedliche Mengen vervielfacht,
oder aber man hat beim Vervielfachen irgendwas falsch gemacht.

Es sei denn, man hat versehentlich überhaupt nichts vervielfacht.
In solchen Fällen erhält man, ob verdoppelt oder verdreifacht,
jeweils überhaupt nichts

Menschheitsfortschritt

Was soll's
daß unsere Vorfahren,
während sie ihre Äcker bestellten oder sich gegenseitig die Köppe einschlugen,
die Erde für eine Scheibe hielten.

Heute hockt man vor der Glotze
und hält irgendwelche Nullen für bedeutende Persönlichkeiten;
und die Köppe schlägt man sich nicht mehr gegenseitig von Hand ein,
sondern drückt dazu die entsprechenden Knöpfe.

Maximalistisches

In klarer Sprache will der Wahrheit ich dienen.
Und wo solches nicht gelingt –
möglichst großen Blödsinn verzapfen

Extreme Kaputtheit

Manchmal,
wenn man sich das Weltgeschehen so anguckt,
scheint einem alles so irreparabel kaputt,
daß es einen schon gar nicht mehr interessiert,
auf welchen Wegen es weiter kaputtgemacht wird.

Von wichtigem und weniger wichtigem

Manchmal stellt sich mir die Frage:

Ob ich denn nichts Wichtigeres zu tun hätte,
als solche Sprüche zu verzapfen?

Doch andererseits –
kümmere ich mich denn immer mit ganzer Kraft
um irgendwelche Dinge, die wichtiger sein könnten?

Wohl doch nicht; oder?

Dann isses wohl doch besser,
ich richte meine Kräfte auf weniger wichtiges.

Religion als Privatsache und Religion als Kulturkrankheit

Durchlebte Religion
als individuelle Privatsache des Einzelnen kann fruchtbar sein.

Veräußerlichte Religion
als Triebfeder für Zusammenrottungen mit Machtanspruch ist eine Kulturkrankheit.
Und auch die heutigen Kirchen,
ganz egal welcher Richtung, sind Ausfluß dieser Kulturkrankheit.

Wie der Mensch Gott die Arbeit erleichtert

„Wem Gott ein Amt gibt, raubt er den Verstand“,
meint Goethe.

In unseren fortschrittlichen Zeiten
kann Gott sich diese Mühe sparen,
da in weiser Voraussicht
nur noch Unterbelichtete zu Amt und Würden erhoben werden.

Folgen der Ratlosigkeit

Irgendwo hörte ich sagen:
die größte Gefahr für das Abendland
sei die rasante Ausbreitung von Nihilismus und Hedonismus.

Ich aber sage euch:

Der Nihilismus ist nur die ehrliche Konsequenz der Ratlosigkeit.

Und die Ratlosigkeit
entstand als natürliche Konsequenz
des viele Jahrzehnte währenden Kulturverfalls
(wobei man heute nicht mal mehr einen klaren Begriff von Kultur hat).

Das andere Extrem, zu dem die Ratlosigkeit führt,
ist strammer Dogmatismus egal welcher Richtung.
Der ist viel gefährlicher.

Nihilismus auf Deutsch

Die Deutschen sind, meinem Eindruck nach,
im Durchschnitt für Nihilismus nicht geeignet.

Ihre Gefahr ist eher der Dogmatismus;
und in den Krallen des Dogmatismus
lassen sie denn auch verschiedene typische Äußerungen des Nihilismus
zu strammen Dogmen gerinnen.

Aber das ist dann kein Nihilismus mehr.

Selbst der "Spaß" wurde, wie leicht zu sehen
(nicht nur am Beispiel des rheinischen Karnevals)
in jenen Breiten zum Dogma erhoben
und als solches in tierischen Ernst verwandelt.

Deutscher Promi-Kult

Der deutsche Promi-Kult ist verbissen gründlich
und von atemberaubender Dummheit.
Allein schon die Lautgestalt des neudeutschen Wortes "Promi"
bringt diesen Hintergrund trefflich zum Ausdruck.

Für einen intelligenten Menschen muß es ein entsetzliches Schicksal sein,
in die Mühlen des deutschen Promi-Kults zu geraten
und in diesem Kindergarten als Spielzeug mißbraucht zu werden.
Aushalten können sowas, wie mir scheint, nur Vollidioten.

Politikaster positiv betrachtet

Die Politikaster gehen mir gehörig auf die Nerven.

Aber zugucken,
wie sie sich untereinander kloppen,
macht mir nach wie vor Spaß.

Höhe und Tiefe

Die Höhe ist egal.

Hauptsache,
es geht nicht zu tief hinunter.

Philologengewäsch

So ihr, ihr hochgelahrte Philologen, mir nachweiset, daß irgendein Denker A bei diesem oder jenem anderen Denker abgeschrieben hat oder sich von ihm beeinflussen ließ, und ich merke, daß ihr Recht habt, so lasse ich jenen Denker A links liegen und widme mich denjenigen, bei denen er abgeschrieben hat.

Sollte ich aber merken, daß jener Denker A seine eigene Sicht ausformulieret hat und daß diese oder jene anderen von euch erwähnten Denker nur zufällig in eigenen Worten Ähnliches berührt haben – so muß ich davon ausgehen, daß ihr, o hochgelahrte Philologen, keine Ahnung habt, daß es so etwas wie eine eigene Sicht gibt und nur stumpfsinnig nach äußeren Merkmalen katalogisieret, und ziehe es der Einfachheit halber vor, euch selbst links liegen zu lassen.

Sowieso schaffet ihr in eurem kritischen Bestreben bloß einen zwar lustigen, aber doch unsinnigen unendlichen Regreß, alsda ihr alles aufs Abschreiben und Kopieren reduzieret. Positiv aber doch, daß die von euch dargestellte auf Kopieren basierende menschliche Kultur zwar ein absurder Unsinn ist, aber andererseits doch, gezwungenermaßen, zurückgehet in die Unendlichkeit, alsda sich bei jedem Tun ein vorangehendes anderes Tun nachweisen lassen muß, von dem es kopieret ist.

Iss aber egal; Hauptsache, ihr habt euren Spaß und findet eure euch ernst nehmenden Jünger.

Denken und Wissen

Wissen ist nicht Denken.

Denkend ordnen wir das Wissen,
trennen es vom Scheinwissen.

Oder wir versinken gedankenlos
in den trüben Fluten aus Gewußtem und Scheingewußtem.

Seelische Befreiung

Als theoretisches Problem
werden die Fragen der inneren Befreiung fleißig durchgenommen,
während die Praxis auf der Strecke bleibt.

Darüber wurden die Nebel dichter und dichter,
und in den nebligen Wirrnissen bildeten sich zunehmend Tendenzen und Mechanismen heraus,
die inzwischen auch die äußere Bewegungsfreiheit bereits in solchem Maße einschränken,
daß viele sogar merken, daß was nicht stimmt.

Vom Berühmtsein

Sollte ich mal richtig berühmt werden,
so würde ich mir ein neues Pseudonym zulegen.

Denn es ist lästig,
wenn das Volks einem, nur weil man berühmt ist, gedankenlos alles nachplappert.
Aushalten können sowas nur solche, die selbst bloß lavern
oder die schon tot sind.

Besoffene und ihre Füße

Wo aber der linke Fuß dem rechten Fuße den Platz streitig macht –
da muß man annehmen,
daß der Träger beider Füße besoffen ist.

Diskussion und Gespräch

Weltanschauliche Diskussionen sind mir zuwider,
und Rechthaben interessiert mich nicht.

Ich such meinen Weg:
in freiem Gespräch und Austausch mit meinesgleichen.

Und meinesgleichen ist:
wer frei seinen Weg geht,
niemandem was aufdrängt,
sich von niemandem was aufdrängen läßt
und den Unterschied kennt
zwischen eitler Diskussion und lebendigem Gespräch.

Zu ernst für tierischen Ernst

Manchmal
äussere ich in frozzelndem Tonfall
durchaus ernstgemeinte Gedanken

Gelegentlich
– immer seltener –
auch mal in ernsthaftem Ton.
Wird es nicht verstanden,
so verstumme ich
oder leite über in reines Geblödel.

Für tierischen Ernst
und tierisch ernstes Herumdiskutieren
ist die Lage zu ernst.

Experten

Experten machen dumm.

Vor allem,
wenn man ihnen gedankenlos alles glaubt.

Schenkt man ihnen weiter keine Beachtung,
sind sie harmlos.

Vorteile des Fernsehens

Das Fernsehen
hat gegenüber all den anderen Informationsquellen den Vorteil,
daß es einen bis zur vollständigen Benebelung einlullt;
weswegen man nicht merkt,
wie sehr man zum Narren gehalten wird
und sich infolgedessen auch nicht unnötig aufregt.

Fremdbestimmte Selbstbestimmtheit

Wer auf Kommando versucht,
'authentisch', 'ursprünglich', 'selbstbestimmt' zu sein –
der ist nicht minder fremdbestimmt als jemand,
der bewußtlos im Mainstream mitschwimmt;
ganz egal, was er für ein Theater aufführt,
um sich und anderen seine Originalität vorzudemonstrieren.

Das Dasein nehmen, wie es ist

Wir müssen die Welt so nehmen, wie sie ist.

Solang sie komisch ist, freuen wir uns an der Komik.

Sollte die Menschheit irgendwann zur Vernunft kommen,
so freuen wir uns über sinnerfüllte Worte und Taten.

Alles zu seiner Zeit.

Zitieren

Wenn alle nur zitieren würden,
wäre bald niemand mehr da,
den sie zitieren können.

Drum freuet euch, daß es mich gib!

Zivilisierte Welt

Auf Grundlage dessen,
was wir zu wissen glauben und was wir in der Schule gelernt haben,
wollen wir immer alles bis in die letzte Kleinigkeit vorausplanen
und bringen deshalb außer Chaos nix zustande.

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© Raymond Zoller