Die Klamurke Belletristik

Das Krokodil

Das Krokodil kroch den Sand lang und ließ traurig die Augen in die Weite schweifen.

Alle ringsum hatte es aufgefressen; restlos alle; und niemand war da, der es hätte trösten können.

Tränen kullerten aus den Augen des Krokodils, heiße Tränen der Trauer, und netzten den Sand. Dumpfe Einsamkeit preßte sein Herz zusammen; und auch Hunger hatte es wieder.

In der Ferne eilte eine Antilope. – Antilopen laufen von früh bis spät sinnlos durch die Gegend und kennen keine Probleme; wie sollten sie ein Ohr haben für den Kummer eines Krokodils.... Und auch fressen kann man sie nur, wenn man ihnen beim Trinken unter Wasser auflauert. — Doch das Wasser war fern; nagender Kummer hatte das Krokodil in die Wüste getrieben, hinweg von dem labenden Naß.

In hohen Hupfern kreuzte eine Wüstenspringmaus seinen Weg. – "Auch Wüstenspringmäuse sind zu nichts zu gebrauchen", – dachte das Krokodil. – "Sie sind dumm, äußerst dumm und verstehen nichts von der Not eines Krokodils. Und nicht einmal fressen kann man sie: weil man sie nämlich nicht zu packen kriegt."

Weiter kroch das Krokodil und immer weiter; und eine feuchte Spur heißer Tränen zeichnete seinen Weg in dem sengenden Sand.

Ob es wohl jemals Trost finden wird?

© Raymond Zoller

Zur russischen Fassung






Diesen Text findet man, neben vielen anderen, in dem Taschenbuch

Raymond Zoller

Wie ich den König vom Pferd schubste

und sonstiges Episodisches

RaBaKa-Publishing, Edition Ivata
Erscheinungstermin: Juni 2013
Preis: 16,90 €
Seitenzahl: 196
ISBN: 978-3-940185-25-9


[Sollte der vom Pferde geschubste König über den Buchhandel nicht mehr erhältlich sein, so kann man es über den
Vertrieb des Seminar-Verlags
versuchen. Auf der durch das Link angesteuerten Seite ganz nach unten scrollen; dort findet man ihn]

Die Erzählungen kennzeichnet eine für Zoller typische inhaltliche Unernsthaftigkeit, kombiniert mit einer streng durchgestalteten Form. Die Szenen und Orte der Erzählungen reichen hinein ins Reich des Fantastischen; aber auch ganz normale Alltagsszenen weiß der Autor ins Absurde zu führen. Seine Protagonisten verhalten sich so, wie es nach Ansicht Zollers nicht allein Romanfiguren gut stände, sondern auch dem regelkonformen „Zivilisationisten“.

(Erika Reglin-Hormann)

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