Ein König, der beim Fangen einer Fliege über einen Fußschemel gestolpert war und sich an der Tischkante zwei Zähne ausgestoßen hatte, war ob dieses Vorfalles so erbost, dass er Befehl gab, in seinem Reiche sämtliche Tische und Fußschemel dem Feuer zu überantworten und die Fliegen unter Aufwendung aller Mittel auszurotten.
Die sehr dienstbeflissenen Untertanen machten sich sogleich mit größter Gewissenhaftigkeit an die Ausführung dieses Befehls; und als dem König eine Woche später die Erleuchtung kam, dass Fußschemel und Tische trotz aller Nachteile doch aber recht sinnvolles und in gewisser Hinsicht sogar unentbehrliches Gerät sind, da war bereits alles, was in seinem Reiche auch nur entfernt an solche Gegenstände erinnerte, restlos verbrannt; und nur Fliegen gab es noch jede Menge, da dieser Teil seines Befehls nicht ganz so einfach zu erfüllen war.
Der König fand, dass es einerseits begrüßenswert ist, solch gewissenhafte Untertanen zu haben, daß aber nichtsdestotrotz allzugroßer Eifer bei der Ausführung von Befehlen unter Umständen auch Nachteile mit sich bringen kann. Denn es war schon sehr unbequem, auf dem Fußboden hockend das Essen einzunehmen.
Daß es noch nicht gelungen war, die Fliegen auszurotten, empfand er nunmehr als glückliche Fügung. Denn die Erfahrung mit den Tischen und Fußschemeln hatte ihm gezeigt, daß man leicht was übersehen kann und dass sich plötzlich herausstellen könnte, dass auch die Fliegen wider Erwarten zu irgendwas nütze sind. Deshalb ließ er die Fliegenvernichtung abblasen; und um den Fliegen eine Erholungspause zu geben, stellte er sie sogar vorübergehend unter Naturschutz.
Denjenigen, die mit der Vernichtung der Tische und Fußschemel beauftragt waren, verlieh er für ihre gute Arbeit einen Orden; und gleichzeitig gab er Befehl, für sein Schloß und für das gesamte Reich unter Aufbietung aller Kräfte und Mittel neues Gerät herzustellen. – Über viele Monate hinweg waren alle Schreiner des Reiches nun unermüdlich damit beschäftigt, Tische und Fußschemel zu bauen.
Für diese Aktion bekam allerdings niemand einen Orden; denn der König befand, dass man entschieden zu langsam arbeitete und dass die mit der Vernichtung betrauten Untertanen viel schneller ihre Aufgabe erledigt hatten.
Diesen Text findet man, neben vielen anderen, in dem Taschenbuch
RaBaKa-Publishing, Edition Ivata
Erscheinungstermin: Juni 2013
Seitenzahl: 196
ISBN: 978-3-940185-25-9
Sollte der vom Pferde geschubste König über den Buchhandel nicht mehr erhältlich sein,
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Der Verfasser schreibt in Deutsch und in Russisch, und für die in diesem Band veröffentlichten Texte gibt es jeweils auch eine russische Version. Die russischen Versionen findet man in dem entsprechenden russischsprachigen Band mit dem Titel «Как я сшиб короля с коня».
Außer für Russischsprachige kann das auch für deutschsprachige fortgeschrittene Russischlernende interessant sein. Letztere können beim Seminar-Verlag ein deutsch-russisches Bücherpaar bestellen.
Die Erzählungen kennzeichnet eine für Zoller typische inhaltliche Unernsthaftigkeit, kombiniert mit einer streng durchgestalteten Form. Die Szenen und Orte der Erzählungen reichen hinein ins Reich des Fantastischen; aber auch ganz normale Alltagsszenen weiß der Autor ins Absurde zu führen. Seine Protagonisten verhalten sich so, wie es nach Ansicht Zollers nicht allein Romanfiguren gut stände, sondern auch dem regelkonformen „Zivilisationisten“.
(Erika Reglin-Hormann)
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