Die Klamurke Soziales

Das Strömungsaggregat

von der technischen Seite betrachtet

Auf der Seite "Von Strömungsaggregaten und Gasmaskenfiltern" betrachteten wir jenes Strömungsaggregat unter dem Blickwinkel seiner Einbettung in mehr oder weniger absurde soziale Prozesse und Abläufe. Nunmehr wollen wir es auch mal von der technischen Seite her betrachten. Absurditäten gibt es hier weniger; eigentlich gar keine: det funktioniert nämlich; und wäre die soziale Seite nicht so absurditätsdurchtränkt, hätte es sich inzwischen zweifellos in die verschiedensten Richtungen hin nützlich machen können.

Ablaufschema

Allgemeines

Das Aggregat hat als Arbeitselemente mit Schaufeln bestückte Arbeitshebel, welche in einem weiter unten skizzierten Bewegungsablauf entweder Strömung erzeugen (zur eigenen Fortbewegung, etwa als Schiffsantrieb; als Pumpe, Ventilator…) oder vorhandene Strömung nutzen (etwa als Wasserkraftwerk, Windkraftwerk). Systematisch erprobt wurde bislang nur die aktive Seite (d.h. Erzeugen von Strömung)

Der Arbeitshebel beschreibt eine kontinuierliche konusförmige Umlaufbewegung und dreht sich dabei gleichzeitig um seine eigene Achse. Die an seinem Ende befestigte Schaufel durchläuft dabei zwei Extremstellungen: Einmal – quer zur Strömung, und ein halber Umlauf weiter – parallel zur Strömung.

In der oberen Abb. als Draufsicht und als Vorderansicht die beiden Extremstellungen der Arbeitsschaufel während eines Umlaufs.

Der maximale Energieaustausch zwischen Aggregat und Umgebung findet statt, wenn die Schaufel quer zur Strömung steht. In der Position parallel zur Strömung ist der Energieaustausch praktisch Null.

Ab dem Moment des maximalen Energieaustauschs (Schaufel quer zur Strömung) verändert sich die Schaufelstellung solcherart, daß der Energieaustausch laufend abnimmt, bis er an dem gegenüberliegenden Punkt, wo die Schaufel parallel zur Strömung steht, gleich Null ist. Von da ab schwillt er wieder an, bis er in der Querstellung das Maximum erreicht.

Das im Jahr 2001 in Tbilissi gebaute und erprobte Aggregat bestand aus zwei solchen untereinander synchronisierten und mit je einem Arbeitshebel bestückten Elementen.

Versuche als Schiffsantrieb; "Anschieben" eines Schiffsdiesels

Für die Versuche Mitte September 2001 wurde das mit einem 40-PS-Diesel ausgestattete Antriebsaggregat am Heck des ca. 12 Tonnen schweren Versuchsschiffes angebracht, welches von Haus aus von einer Schraube mit 120-PS-Motor angetrieben wird. Gleich bei der ersten Versuchsfahrt zeigte sich, daß unser Antrieb mit seinen 40 PS in etwa die gleiche Höchstgeschwindigkeit liefert wie die Schraube mit ihren 120. Bei der ersten Versuchsfahrt kam es zu einem nicht vorgesehenen Test der passiven Eigenschaften des Aggregats (Nutzen vorhandener Strömung):

Nämlich wurde der Diesel des Schaufelaggregats abgewürgt und wollte nicht mehr anspringen. Während man am Motor arbeitete, um ihn wieder in Gang zu bringen, tuckerte das Schiff mit seinem hauseigenen Antrieb über den See, und die Schaufeln, von der Fahrtströmung angetrieben, schwangen im Leerlauf mit. In einem Anfall von Resignation kuppelte der Techniker ein – und unerwartet sprang der Motor an (vermutlich das erste Mal in der Geschichte der Technik, daß ein Schiffsmotor gewissermaßen "angeschoben" wird; eine Episode, die uns auch mit guter Zuversicht auf die – noch durchzuführenden – Versuche als Schwimmkraftwerk hinblicken ließ)

Bei der Erhöhung der Belastung während der weiteren Versuchsfahrten brachen beide Schaufeln ab; was damit zu tun hat, daß wir die zu erwartende Schubleistung unterschätzt hatten. Da inzwischen bereits eine Weiterentwicklung vorlag, wurden die Versuche mit dem vorhandenen Prototypen eingestellt.

Weiterentwicklungen

Bei der in Tbilissi gebauten und erprobten Variante war nur ein Arbeitshebel pro Element möglich. Bei der erprobten Anordnung lag die maximale Arbeitsstellung der Schaufeln im Außenbereich (in der Mitte, im Bereich der Schiffsachse, wäre hydrodynamisch ungünstig) und trat abwechselnd ein (d.h.: rechte Schaufel außen maximale Arbeitsstellung – linke Schaufel in der Mitte in Nullstellung, und umgekehrt); was zu einem starken Schlenkern des Schiffshecks führte. Gleichzeitiges Eintreten der Arbeitsstellung an beiden Schaufeln wurde nicht mehr ausprobiert; vermutlich wäre es dabei wegen der auf-und abschwellenden Antriebsleistung zu einem leichtem Rucken in der Vorwärtsbewegung gekommen.

Inzwischen gibt es zwei auf das in Tbilissi erprobte Modell aufbauende Weiterentwicklungen, welche beide das Anbringen mehrerer Arbeitshebel an einem Element erlauben. Eine dieser Weiterentwicklungen stammt vom Schweizer Erfinder selbst, die andere von Prof. Tabatadse, der in Tbilissi Bau und Erprobung des ersten Geräts leitete.

Der prinzipielle Ablauf des Arbeitshebels ist bei beiden Varianten gleich. Der Unterschied besteht darin, daß die Lösung von Prof. Tabatadse einen gleichmäßigen Ablauf zeigt, während bei der Schweizer Variante die Umlaufgeschwindigkeit auf-und abschwellend ist (starke Beschleunigung bei Annäherung an die maximale Arbeitsstellung und dann wieder Verlangsamung); also ausgeprägtere Impulswirkung. Es wird vermutet, daß der gleichmäßige Ablauf geeigneter ist für die passive Verwendung (d.h. Nutzen vorhandener Strömung; zum Beispiel als Wasserkraftwerk) und die stärkere Impulswirkung besser für den Schiffsantrieb; genaue Versuche in dieser Richtung waren aus organisatorischen und finanziellen Gründen bislang noch nicht möglich.

Die Schweizer Weiterentwicklung wurde im Hinblick auf Verwendung als Schiffsantrieb im Rahmen von Inbat am Danziger Schiffsfahrtinstitut erfolgreich getestet; später auch noch am Institut für angewandte Thermo-und Fluiddynamik in Mannheim. Diese Untersuchungen brachten, knapp zusammengefaßt, unter anderem folgende Resultate:

Verglichen mit einem Propeller, der rund ein Drittel der Energie zum Ansaugen des Fluides einsetzen muß, verliert der inversionskinematische Antrieb bei Bewegung der Paddel nur sehr wenig an eingesetzter Leistung [der Begriff "Inversionskinematik" wurde von Paul Schatz geprägt, dessen Arbeiten die Entwicklung dieses Aggregats möglich machten]. Um einen Schub von 50 N zu erzeugen, braucht der inversionskinematische Antrieb etwa 160 W, der Propeller hingegen 330 W. Die Drehzahl bei einem Schub von 50 N liegt beim inversionskinematischen Antrieb bei ca. 200 Umdrehungen pro Minute, beim Propeller hingegen bei 600 Umdrehungen pro Minute.

Steuerung über den Antrieb

Bei beiden Geräten besteht zusätzlich die Möglichkeit, den Punkt der maximalen Arbeitsstellung entlang der Kreislinie des Hebel-Ablaufs kontinuierlich zu verschieben; was es erlaubt, bei Verwendung als Schiffsantrieb das Schiff über den Antrieb zu steuern.

Hochklappen der Arbeitshebel beim Befahren von flachen Gewässern

Außerdem hat Prof. Tabatadse einen Mechanismus entwickelt, welcher die Veränderung des Ablaufkegels – bis hin zur Ausartung in die Fläche – erlaubt.

Nachbemerkung:

Warum dieser auf-und abschwellende Energieaustausch so wesentlich bessere Resultate liefert als die Schraube mit ihrer kontinuierlichen Einwirkung – weiß ich nicht; aufgrund durchgeführter erster Versuche weiß ich nur, daß dem so ist.

Vermutlich ist diese Impulseinwirkung den Bedingungen des flüssigen und gasförmigen besser angepaßt als die kontinuierliche Wirkung der Schraube. Fische und Vögel bewegen sich ja auch via Impulstechnik fort und fahren damit ganz gut. Teilweise ist das insgesamt wissenschaftliches Neuland; und es ist durchaus möglich, daß wir bei der weiteren Arbeit noch einige Überraschungen erleben werden.

Nachbemerkung Oktober 2009

Die möglichen Überraschungen blieben aus, da infolge teils Gleichgültigkeit, teils inadäquaten Verhaltens der Umgebung eine weitere Arbeit aufteufelkommraus nicht möglich war. Ich selbst hab inzwischen die Schnauze voll und kümmere mich um andere Dinge (und selbst wenn ich die Schnauze nicht voll hätte, wüßte ich trotzdem nicht, was ich noch tun könnte. Die Absurdität ist stärker).

Raymond Zoller

Weitere Berichte aus dem Umfeld der Abenteuer mit diesem Aggregat findet man:
- falls man bereits in der Rahmenstruktur ist: Weiterblättern über das Verzeichnis im linken Rahmen in der Abteilung „Absurde Abenteuer mit Strömungsaggregaten“
- falls man von außen auf dieser isolierten Seite landete: Hier kommt man in die Rahmenstruktur (oder frames) mit erwähntem Verzeichnis; Abteilung „Absurde Abenteuer mit Strömungsaggregaten“

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Bei YouTube findet man einen Zusammenschnitt von Videoaufzeichnungen, die während der Arbeit – von den ersten Anfängen der Herstellung in der Werkhalle bis hin zu den Probefahrten auf dem See in der Nähe von Tbilissi – zustandekamen. Aufsehenerregendes ist nicht darunter; aber man sieht, daß real gearbeitet wurde und daß man zum Schluß mit einem von besagtem Aggregat angetriebenen Polizeiboot über den See schipperte. Und sehr viel Georgisch hört man, klein wenig Russisch und sogar ein paar Sätze Deutsch.

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Eine Videoaufzeichnung im MPG-Format zum Bewegungsablauf kann man hier herunterladen (10 MB!) - (Datei "Ablauf". Die herunterzuladende Datei anklicken; diese erscheint in einem neuen Fenster; weiteres Anklicken leitet das Herunterladen ein)
Gezeigt wird zuerst der in der Montagehalle aufgenommene Ablauf mit den großen (für das Schwimmkraftwerk bestimmten) Schaufeln; anschließend Nahaufnahme der Bewegung am Schiff; und schließlich das vom Aggregat angetriebene Schiff in Fahrt.

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Über eine verspätete lustige Erinnerung an die mögliche kriminalistische Verwendung oben erwähnten Filtermaterials kann man hier nachlesen: Kriminelle Wattestäbchen

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Die wichtigsten der hier veröffentlichten Texte zu den Abenteuern mit dem Strömungsaggregat wurden in einer PDF-Datei zusammengefaßt, die man hier anschauen und/oder herunterladen kann.

Ruderanlage
Die im September 2001 in Tbilissi erprobte Version
Beide Ruder annähernd in ihren Extremstellungen:
rechts maximale Arbeitsstellung,
links Nullstellung
Schwimmkraftwerk
Die Tiflisser Version von 2001:
mit großen Schaufeln zum Nutzen vorhandener Strömung;
als in die Strömung zu hängendes Schwimmkraftwerk
Vordere Schaufel annähernd maximale Arbeitsstellung, hintere Schaufel Nullstellung
Diese Schaufeln sind um ein vielfaches größer als die Ruderblätter für den Schiffsantrieb.
Zu einer Erprobung der Funktion der Nutzung vorhandener Strömung
(also Wasserkraftwerk, Windkraftwerk) kam es nicht mehr
wenn man von dem "versehentlichen" weiter oben beschriebenen Anschieben des Schiffsdiesels absieht.
Arbeitshebel Schiffsantrieb
Zum Größenvergleich:
Arbeitshebel mit Schaufel für Schiffsantrieb
Aggregat Tabatadse
Die Georgische Weiterentwicklung von S. Tabatadse
(mit 4 Arbeitshebeln)
Gelenk
Höhenverstellbarer Arbeitshebel der Georgischen Variante

 



 

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