Die Aufnahme zur Linken entstand Mitte der achtziger Jahre; zwanzig Jahre sind das her. Auf einem See – wenn ich mich recht erinnere: dem Starnberger – irgendwo im Bajuwarischen.
Rein äußerlich habe ich mich in diesen zwanzig Jahren kaum verändert. Damals sah ich wesentlich älter aus, jetzt um einiges jünger. Auch war ich – wie man an der ganzen Haltung sieht und wie ich auch aus der Erinnerung weiß –wesentlich verkrampfter. Und natürlich dümmer und ratloser.
Und zur Rechten ein Foto von meinem Vater.
Damals war er noch sehr jung. Ob ich schon geboren war, als dieses Foto geknipst wurde – weiß ich nicht. Mein Vater, der in sehr vielen Vereinen Präsident war, bekam eigentlich nie die Füße so richtig auf den Boden.
Dass er die Füße nicht auf den Boden bekam, hängt nicht damit zusammen, dass er zuviel auf Dächern herumgekraxelt wäre (da kraxelte er immer weniger herum), sondern eben damit, dass er zuviel Präsident war. Sein Ehrgeiz hat ihn verblödet; so sehr verblödet hat er ihn, dass er den Ehrgeiz als solchen schon nicht mehr hinterfragen konnte. – Hätte er ihn hinterfragt, den Ehrgeiz, so wäre vermutlich alles sehr viel einfacher gewesen; dann hätte er wieder angefangen, verstärkt auf Dächern herumzukraxeln oder hätte sich nach etwas Vernünftigerem umgesehen. Und das Präsidentsein hätte er anderen überlassen.
Ich selbst habe es nie in einem Verein zum Präsidenten gebracht. Und war auch fast in keinen Vereinen. Als Kind war ich eine Zeitlang im Kleintierzüchterverein, fällt mir ein. Das war innerhalb der allgemeinen Öde meiner Kindheit noch eine ganz nette Periode; aber zum Präsidenten habe ich es nicht gebracht, da ich damals noch zu klein war. Ob ich, dem Vorbild meines Vaters nacheifernd, davon träumte, Präsident zu werden, weiß ich nicht mehr. Vermutlich nicht; ich hatte einfach meinen Spaß an der Kaninchenzucht. Aber ich will es nicht ausschließen; denn immerhin war damals mein Vater – wennauch schon stark angeknackstes – Vorbild. Später war ich im Schachclub. Zu jenen Zeiten hatte ich die Präsidentomanie meines Vaters, wie ich mich erinnere, bereits als groben Unfug durchschaut und war somit selbst immun. Im Schachclub war ich, wie mir einfällt, zwischendurch mal Sekretär; aber nur, weil grad niemand anders Zeit hatte, das zu machen. Ansonsten war ich im Schachclub, weil ich Schach spielen wollte; die Vereinsmeierei als solche interessierte mich nicht (und im Schachclub nahm man, wie ich mich erinnere, det eh etwas lockerer als in anderen Vereinen jenes unseres Dorfes).
[In meiner Erzählung „Papst Erwin IX“ wurde der Hauptakteur unübersehbar durch meinen Vater inspiriert (ob bewusst oder unbewusst – weiß ich nicht mehr)]