Die Klamurke Belletristik

Das Holz

„Wo willst du, daß ich das Holz hinbringe,“ fragte Sigismund. „In der Speisekammer ist kein Platz.“

„Leg es in die rechte Seitenschublade des Schreibtischs, der an der linken Wand des Eßzimmers steht, oder aber in die linke Ablage des Schrankes an der rechten Wand des Arbeitszimmers,“ antwortete Hürgokh. „Oder sonstwohin.“

„Gut,“ sagte Sigismund. „Ich leg es sonstwohin.“

Im Keller tanzten die Mäuse, als Sigismund das Holz in dem Kellerraum mit dem hohen Gewölbe, in dem Hürgokhs Vater früher seine Gefangenen zu foltern pflegte, ablegte. Er hätte es auch sonstwo ablegen können; der Möglichkeiten gab es viele; so viele, daß man sie alle nicht hätte ausschöpfen können.

„Gefangene sind wir von Raum und von Zeit,“ dachte Sigismund. „Tausende und Abertausende von Orten und Möglichkeiten gibt es, und noch mehr kann man sich ausdenken; doch nie kann ich an mehr als einem Orte gleichzeitig sein; wieauch es mir nicht vergönnt ist, an keinem Orte zu sein. Und ein gleiches gilt für dieses unglückselige Holz. Das ist doch schrecklich! Oder?“

Und er nahm das Holz aus dem Kellerraum mit dem hohen Gewölbe, in dem Hürgokhs Vater früher seine Gefangenen zu foltern pflegte, wieder heraus und brachte es auf die gegenüberliegende Seite in den kleinen Verschlag, in dem Hürgokhs Großvater früher Hürgokhs Großmutter einsperrte, wenn er nicht wollte, daß sie ihn störe.

Dort legte Sigismund das Holz ab; und wenn niemand es entfernt hat, so liegt es bis zum heutigen Tage.

© Raymond Zoller