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Die Klamurke Belletristik

Die Paßfahrt des Königs

Lieber wäre der König zu Fuß gegangen.

Aber da er König war, hatte er nicht das Recht, zu Fuß zu gehen.

Er saß in der Kutsche und zitterte.

Wenn er aus dem linken Fenster schaute und den Blick nach unten wandte, blickte er in einen bodenlosen Abgrund.

Deshalb vermied er es, aus dem linken Fenster zu schauen.

Am rechten Fenster zog langsam eine steile Felswand vorbei. So nah war diese Felswand, daß er den Kopf nicht aus dem Fenster hätte strecken können.

Wäre er zu Fuß gegangen, so wäre es immer noch ungemütlich gewesen; aber doch nicht ganz so ungemütlich, wie in der Kutsche zu sitzen. Zu Fuß wäre er einfach an dieser steilen Felswand entlanggeschlendert, und der Abgrund zur Linken wäre mindestens vier Schritte weit weg gewesen.

Der König konnte nicht verstehen, warum man diese Staatskarossen unbedingt so breit bauen muß. In der Ebene ist es natürlich bequem; doch wenn man damit über Pässe fährt, ist es nicht nur nicht bequem, sondern gefährlich.

Ob er nicht besser wäre, als Postbote zu arbeiten? Als Postbote darf man zu Fuß über Pässe gehen.

Aber als Postbote muß man auch in der Ebene zu Fuß gehen.

Deshalb beschloß der König, nicht Postbote zu werden, sondern König zu bleiben; und bei Paßfahrten und sonstigen Gefahren, die das Königsleben zu bieten hat, kann man ja die Augen schließen und an irgendwas Nettes denken.

Und er schloß die Augen und dachte an die Gräfin Kaualolla.

© Raymond Zoller