Die Klamurke Belletristik

Der Knabe im Graben

(ans Bajuwarische anklingender Gesang)

Auf einem altersschwachen Zaune saß ein Knabe.
Der Knabe auf dem Zaune dachte nach.
Woran der Knabe dachte - keine Ahnung;
Er saß da auf dem Zaun und dachte nach.

Der Zaun, auf dem er saß, brach bald zusammen;
denn er war altersschwach, der Zaun, und auch sehr morsch.
Der Knabe von dem Zaun fiel in den Graben,
durch den des Bauern Gülle fröhlich floß.

Dem Knaben in dem Graben ward so bange;
im Graben war es dunkel und auch naß;
die Gülle von dem Bauern gab Gestank ab:
dem Knaben macht' die Sache keinen Spaß.

Was soll ich in dem Graben, dacht' der Knabe;
weit besser säß ich auf dem hohen Zaun,
hoch über diesem dunklen feuchten Graben;
Doch leider brach in Stücke jener Zaun.

Der Knabe kroch heraus dann aus dem Graben;
er war so naß und roch nach Gülle sehr.
So ist das Leben, dacht' der Knabe. Nichts als Plagen:
Das Leben, ja das Leben, das ist schwer...

© Raymond Zoller