Die Klamurke Soziales

Zum sogenannten "Sozialen Hauptgesetz"

Ein weiterer mir wichtig scheinender Beitrag in dem bereits erwähnten BGE-Forum[1], der außer verstreuten Belanglosigkeiten leider keine Fortsetzung fand.

Nachfolgend ein Zitat von einem mir recht interessant scheinenden österreichischen Denker (R. Steiner), dessen Arbeiten in der Entstehungsgeschichte der BGE-Bewegung vermutlich ihre Spuren hinterlassen haben. Man mag – besehen oder unbesehen – zu diesem Denker stehen wie man will; mag sich von dem positiven Tun eines Teils seiner heutigen Anhängerschaft eher angezogen, von dem mitunter recht abenteuerlichem Hokuspokus anderer abgestoßen fühlen – iss egal; manche Dinge aus seiner Feder scheinen mir einfach durchdenkenswert.

Jenes Zitat ist unter Insidern bekannt als das sogenannte „soziale Hauptgesetz“ und beinhaltet meinem Verständnis nach, unter anderem, auch einen Angelpunkt, von dem aus man sich einen Überblick verschaffen kann über das Verhältnis zwischen Arbeit und Einkommen.

Also:

„Nun, das soziale Hauptgesetz […] ist das folgende: ‚Das Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen ist um so größer, je weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das heißt, je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitarbeiter abgibt, und je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern aus den Leistungen der anderen befriedigt werden.’ Alle Einrichtungen innerhalb einer Gesamtheit von Menschen, welche diesem Gesetz widersprechen, müssen bei längerer Dauer irgendwo Elend und Not erzeugen - Dieses Hauptgesetz gilt für das soziale Leben mit einer solchen Ausschließlichkeit und Notwendigkeit, wie nur irgendein Naturgesetz in bezug auf irgendein gewisses Gebiet von Naturwirkungen gilt. Man darf aber nicht denken, daß es genüge, wenn man dieses Gesetz als ein allgemeines moralisches gelten läßt oder es etwa in die Gesinnung umsetzen wollte, daß ein jeder im Dienste seiner Mitmenschen arbeite. Nein, in der Wirklichkeit lebt das Gesetz nur so, wie es leben soll, wenn es einer Gesamtheit von Menschen gelingt, solche Einrichtungen zu schaffen, daß niemals jemand die Früchte seiner eigenen Arbeit für sich selber in Anspruch nehmen kann, sondern doch diese möglichst ohne Rest der Gesamtheit zugute kommen. Er selbst muß dafür wiederum durch die Arbeit seiner Mitmenschen erhalten werden. Worauf es also ankommt, das ist, daß für die Mitmenschen arbeiten und ein gewisses Einkommen erzielen zwei voneinander ganz getrennte Dinge seien.“

So weit dieses Zitat.

Ich denke, daß da was dran ist; denke aber auch, daß man die Tragweite nur verstehen kann, wenn man sich in Selbstbeobachtung die Motivationsproblematik vergegenwärtigt, die sich aus der Kopplung von Arbeit und Einkommen ergibt. Und dann wird man auch verstehen, daß es gar nicht möglich ist, auf Kommando „altruistisch“ zu werden. Altruistisch kann man nur dann werden, wenn man sich mit dem Umfeld, dem man seine Leistung schenkt, ganz ehrlich verbinden kann. Und das ist bei dem heutigen Grad der Entfremdung des Einzelnen von dem sozialen Ganzen schwieriger denn je.

Das Eine ist, daß rein organisatorisch Einrichtungen geschaffen werden, in denen Arbeit und Einkommen vollständig getrennt sind (dürfte sich bei der heutigen politischen Situation zumindest in den sogenannten „zivilisierten“ Ländern im makrosozialen Bereich kaum durchsetzen lassen; höchstens daß man es hinkriegt, gegen alle äußere Widerstände übersichtliche Oasen zu schaffen, in denen man das zu realisieren sucht), sei es, daß man es zweispurig versucht (bedingungsloses Grundeinkommen und darüber hinaus die Möglichkeit, seine Arbeitskraft zu verkaufen).

Das andere ist, daß man – teilweise in Selbstbeobachtung – versucht, sich die Motivationsproblematik, die Entfremdungsproblematik zu vergegenwärtigen. (das Verständnis dieser Problematik scheint mir überhaupt eine Grundbedingung für äußeres Handeln; ohne dies erstarrt alles in programmhaftem Schematismus)

In diesem Zusammenhang besteht noch eine ganz spezifische Schwierigkeit, die ihre Grundlage im allgemeinen kulturellen Verfall hat, im Ersetzen der kulturellen Entwicklungsprozesse durch gedankenloses Reproduzieren irgendwelcher traditioneller Formen oder genauso gedankenloses effekthaschendes Herumexperimentieren. – Früher war es ja so, daß sogenannte „Kulturschaffende“ in ihren Arbeiten das zum Ausdruck brachten, was ihre Zeitgenossen unausgesprochen bewegt. Das ist heute nur noch in Ausnahmefällen so: Geburtshelfer, welche das innere Suchen, die inneren Nöte klar und konsequent auf den Punkt bringen könnten, gibt es kaum (und selbst wenn es sie geben sollte, geht ihre Stimme – so sie sie überhaupt noch erheben – in dem allgemeinen Lärm unter). Und dadurch kommt der Einzelne auch kaum noch dazu, sich einem inneren Suchen, seinen inneren Nöten, der Natur seines Darinnenstehens im sozialen Ganzen klar und objektiv zu stellen (es sei denn in Form von psychologischen „Motivationstests“ und sonstigem Hokuspokus; oder auch von wehleidigem Sein-Leid-klagen; all dies ist nicht gemeint).

Zusammen mit verschiedenen weiteren Sachen aus dem näheren und ferneren Umfeld des Themenkreises „Bedingungsloses Grundeinkommen“ wurden obige Anmerkungen in einer PDF-Datei zusammengefaßt, die man hier herunterladen kann.


1)Gesamtkontext - falls noch nicht drin - siehe hier; Abteilung Umfeld der Thematik 'Bedingungsloses Grundeinkommen'

© Raymond Zoller

 



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