Immer wieder und wiederum erleben wir ja, dass das Auflösende, das eigentlich den Materialismus hervorgebracht hat, das die alte Geistigkeit zugrunde gerichtet hat, im menschlichen Denken gerade auch in das Spirituelle, in das gewollte Spirituelle hereindringt. Ich habe ja darauf aufmerksam ge-macht, wie materialistisch manche theosophische Anschauung ist. Man hat es natürlich nicht leicht, wenn man geisteswissenschaftliche Dinge auseinandersetzt, die bezeichnenden Worte zu finden, weil ja unsere Sprache heute nicht mehr für das Geistige geeignet ist, weil wir erst wieder suchen müssen eine solche Verbindung zwischen der Sprache und der Sache, welche für das Geistige geeignet ist. Aber das ist notwendig, dass nicht immer mit dem, was das Schädlichste ist, die geisteswissenschaftliche Bewegung verdorben wird. Man muß unbefangen charakterisieren dasjenige, was im Geiste vorgeht. Immer wiederum erlebe ich, dass ich gefragt werde: Da ist jemand, dort ist jemand, der hat geistige Erlebnisse. - Der Sinn der Fragen, die häufig so gestellt werden, ist der, dass eigentlich gefragt wird: Darf man nun mit blindem Glauben an die Wahrheit dessen sich hingeben, was der oder jener schaut? - Und wenn man diese Frage bejaht, ja, dann entsteht blinde Anhängerschaft; wenn man sie verneint, dann entsteht das, dass der Betreffende gleich verketzert wird und gesagt wird: Nun ja, das ist atavistisches Hellsehen, auf das gibt man nichts. - Ja, dieses Entweder-Oder muß doch auf diesem Gebiete ganz anders genommen werden. Wir müssen uns wirklich mit aller gesunden Vernunft auch den Aussagen über das Geistige gegenüberstellen. Wenn wir aber Dogmatiker werden wollen, können wir nicht Geisteswissenschafter werden. Wenn wir entweder vergöttern oder verketzern wollen, können wir nicht Geisteswissenschafter werden. Es werden unendlich wertvolle Beiträge zur Charakteristik der geistigen Welt auch von Seiten kommen, auf die man nicht unbedingt schwören will.
Auch das andere erlebt man, dass eine Zeitlang auf irgendeine seherische Persönlichkeit geschworen wird. Dann kann man nachweisen, dass diese seherische Persönlichkeit irgendwann - nun, vielleicht sogar einmal ein wenig retuschiert hat, oder stark retuschiert hat; dann ist die Persönlichkeit unten durch. Vorher haben dieselben Leute auf sie geschworen, bei denen sie nachher unten durch ist. Ja, in dieser Weise kommt man nicht vorwärts; innerhalb der Menschheit mit dem Entweder-Oder der Vergöttlichung oder Verketzerung kommt man nicht vorwärts innerhalb der Menschheit, sondern nur dadurch, dass man sich mit seinem gesunden Menschenverstand den Dingen gegenüberstellt. Es kann zum Beispiel auch der Fall eintreten, dass durch jemanden, von dem man sogar weiß: Nun, der verschmäht es nicht, ab und zu recht stark zu schwindeln - einmal etwas ganz Wahres, Wichtiges, Wesentliches aus der geistigen Welt herauskommt.
Man würde nicht zu dem Entweder-Oder kommen, das ich hier meine , wenn man nicht Dogmatik einführen wollte, sondern wenn man sich mit dem gesunden Menschenverstand gerade innerhalb dieser anthroposophischen Bewegung hineinstellen wollte. Das ist das eine. Das andere ist dieses, dass es außerordentlich schwierig ist, durch die Art und Weise, wie die Dinge oftmals innerhalb unseres Kreises gehandhabt werden, die Anthroposophische Gesellschaft in die Kulturbewegung der Gegenwart hineinzustellen. Dazu gehört Unterscheidungsvermögen bei denjenigen Menschen, die schon drinnen sind in dieser Gesellschaft. Es erwächst einem eine gewisse Verpflichtung für diese Unterscheidungskraft, wenn man schon drinnen ist. Denn wir werden ganz fehlgehen mit dieser Anthroposophischen Gesellschaft, wenn wir nicht die Anknüpfung an die allgemeine Geisteskultur der Gegenwart suchen, wenn wir immer wieder und wiederum in den Fehler verfallen, Sektiererisches zu treiben. Das wird der Tod sein unserer Bewegung, wenn wir sektiererisch werden. Bedenken Sie doch nur, dass solche Dinge, wie wir sie in diesen Tagen jetzt erörtert haben, sich gar nicht besonders sonderbar ausnehmen werden für denjenigen, der gerade in Wissenschaftlichem und im Kulturleben der Gegenwart drinnensteht, wenn er sich nur die nötige Vorurteilslosigkeit erwerben wird. Aber um auf diesem Wege etwas zu erreichen, ist es notwendig, dass der Wille besteht zur Unterscheidung. Bei uns kommt es leicht vor, dass nur um irgend etwas Schematisches gefragt wird, wenn es sich darum handelt: Soll irgend jemand bei anthroposophischen Vorträgen zuhören, oder soll er einen Zyklus bekommen? - So wird schematisch gefragt, ohne dass man Rücksicht nimmt auf den Bildungsgrad, auf die ganze Weltstellung des betreffenden Menschen. Aber das Schematische ist das absolut Schädliche bei uns. Das Schematische bringt es dahin, dass solch ein Mensch, wie jetzt wiederum der […], um den sich eine ganze Summe von Unfug kristallisiert, in die Anthroposophische Gesellschaft hineinschwimmen und dort Protektoren finden kann, währenddem Leute, die urteilsfähig sind, gerade durch das Gebaren oftmals abgestoßen werden.