Ich hatte die „eingegossenen Libellen“ mehrmals gelesen und ich finde es überaus interessant, wie so ein Text zustande kommt und sowas von hilfreich, dass er zustande kommt.
Sich existentiell mit Geistigem zu beschäftigen, das ist die Aufgabe. Existentiell! Punkt.
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In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an meine Zeit, als ich so um die dreißig war. Übrigens, ich bin vier Jahre jünger als du.
Ich hatte meine Mittelschulkariere mit 18 mit zwei Karzern beendet. Das bedeutet Nachsitzen unter Aufsicht und dabei Schularbeiten schreiben, die dann mit ihrer Benotung mit in das Abschlusszeugnis eingebunden werden. So etwa die schlimmste Bestrafung, vor einer Anzeige beim Jugendgericht. Die Arbeiten waren natürlich Nichtgenügende, jeweils in Latein. Mein Abschlusszeugnis war dann auch dementsprechend mit nichtgenügend in Betragen! und sonst noch einigen „fünfen“ gespickt. Soweit so schlecht, damals.
Ich hab dann mehrmals Anläufe zur Externistenmatura unternommen, die ich dann mit 28 bestand. Meine Perspektive war damals die Uni; und ohne Zeugnis war da nix zu machen.
Es war eine furchtbare Zeit; und da ich damals Anthroposophie kennen gelernt habe, hat mich das echt von exisitentieller Verzweiflung und Lebensüberdrüssigkeit gerettet.
Meine damalige Selbstdisziplinierung bestand im konsequenten Lesen/Arbeiten an dem was ich als Anthroposophie erachtet/verstanden habe, gesunde Ernährung, Bewegung - und das über mehrere Wochen. All das aus purer Verzweiflung heraus, sterben oder diese kompromisslose „Lebensroutine“ …
So kam dann auch dieser Entschluss zustande:
Da ich sehr schlecht in Englisch war - für die Matura, dachte ich, ich muss mir eine Situation schaffen, von der ich nicht aus kann, letztlich Englisch reden muss. Da ich damals etwas Geld hatte, beschloss ich in die USA zu gehen, und dort einen Flugschein zu absolvieren. Da musste ich reden im Cockpit. Und, was mich ebenfalls herausgefordert hat, war: du darfst keine Fehler begehen. Fehler sind in der Luft existenzbedrohend. Also Präsenz pur. Das waren dann unvergessliche Erfahrungen …
Mit all dem schlage ich da für mich einen Bogen zu deinen Libellen.
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Ebenso wars für mich vorher in Marocco, so mit 18. Ich wollte in ähnlicher Weise Hitze und Wüste - existentiell kennen lernen. Ein Fehler, zu lange ohne Wasser/Essen und es gibt kein zurück. Hatte damals nur einen winzigen Rucksack mit.
Und so wars auch vor ein paar Jahren, 2009 im Sommer, als ich beim Klettern so acht Meter im freien Fall abgestürzt bin. Wieder existentiell nicht im Moment gewesen, hab das während der Flugzeit „realisiert“ und bin zum Glück unbeschadet aufgeschlagen, auf den Rücken, mit Rucksackpolsterung.
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Nun, wenn ich deine Texte lese, fühl ich mich in diese Zustände der Präsenz erinnert, aufgefordert. Hat man einmal daran teilgenommen, gibts kein „zurück“, auch wenn man/ich es nicht wahrhaben will.
Beim Fliegen gabs/gibts kein Aussteigen und in Ruhe ordnen, nachfragen oder suchen.
In der Wüste kein retour um Wasser zu holen.
Beim Klettern und Stürzen kein nochmal von vorne beginnen.
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Als ein Hindernis für dieses ständig sich in Bewegung bringen, im „Jetzt“ zu leben, hab ich dieses „Etwas-Haben-Gefühl“ für mich geortet.
Mir ist das erst sehr spät im Zusammenhang mit der Anthroszene in Dornach so richtig bewusst geworden. Ich hab das für mich so benannt, innerlich so ausgesprochen um es etwas „handhaben“ zu können.
Konkret war es in einem Gespräch mit den „Führenden“ damals, als bei mir spontan der Eindruck entstanden ist, die meinen im Ernst, dass sie im Besitz von „etwas Geistigem“ sind; dass sie da etwas haben, an das ich mich anschließen kann, wenn ich will. Und bei rechtem Verhalten meinerseits nehmen sie mich auf, werde ich Teil von diesem „Besitz“ und werde dann auch ernst genommen, darf ihnen dann auch zuarbeiten etc. Was rechtes Verhalten für „die Aufnahme“ bedeutet, geben natürlich sie vor.
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Was ich hier im Kleinen erstmal sehr, sehr deutlich wahrgenommen habe, ist im weitaus größeren Zusammenhang in Politik und Gesellschaft die Regel.